Bailey-Brücken für Ruanda
In der Zeit vom 12. Januar bis zum 13. Februar 1975 führten 31 Helfer des Technischen Hilfswerks ein Brücken-Sanierungsprogramm in dem afrikanischen Staat Ruanda durch.
Bereits seit Jahren unterstützte die Bundesrepublik Deutschland die in Zentralafrika liegende Republik Ruanda bei der Verbesserung ihrer Infrastruktur durch gezielte technische Hilfe.
Ruanda, das 1975 zum Kreis der “least developped countries” gehört und die für die weitere Entwicklung erforderliche Verkehrsinfrastruktur weder aus eigenen Mitteln noch aus rückzahlbaren Krediten finanzieren kann, erhielt deshalb gezielte Hilfe durch das THW.
Der Einsatz, der in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und dem Bundesministerium des Innern erfolgte, um faßte den Bau von Bailey-Brücken, die Instandsetzung
von Brückenbauwerken und die Unterrichtung ruandischer Führungskräfte.
Die THW-Gruppe aus dem LV Baden-Württemberg hatte folgende Aufträge :
- Bau einer II/1-BaileyBrücke über den Nyaborongo bei Kilinda mit 246 m Stützweite.
- Bau einer II/2-BaileyBrücke über den Mwogo mit 39,71 m Stützweile.
- Bau einer I/1-BaileyBrücke über den Rofuro mit 15,31 m Stützweite.
- Bau einer II/1-BaileyBrücke über den Kirara bei Kibuye mit 24,46 m Stützweite.
- Instandsetzung der durch Verkehrsunfälle beschädigten III/3-Bailey-Brücke über den Nyabarongo bei Kigali.
- Ausbildung und Unterweisung einer 12-köpfigen ruandischen Führungsgruppe im Bau und der Planung von BaileyBrücken.
- Übergabe von Werkzeug und Gerät an die Republik Ruanda, damit der Bau von Bailey-Brücken künftig unter ruandischer Regie möglich ist.
Diese nach dem Baukastensystem zusammensetzbaren Stahlbrücken dienten als Ersatz für die im Landesinneren vorhandenen alten, zum Teil baufälligen Holzbrücken im Zuge der Nationalstraßen. Bedenkt man, daß die Nationalstraßen in Afrika die einzigen Verbindungen zwischen den Orten darstellen, so waren die geplanten Brücken für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes von entscheidender Bedeutung.
Zu den Helfern zählen daher neben dem Einsatzleiter auch ein Arzt, ein Koch sowie Küchenhelfer, ein Verwaltungsführer und ein Trupp für die Bedienung der Trinkwasseraufbereitungsanlage. Für die technische Abwicklung waren von der 31 köpfigen THW-Einsatzgruppe insgesamt 21 Helfer für die technische Durchführung eingesetzt, die übrigen Helfer für den Transport, die Versorgung und Verwaltung.
Einsatzleiter der THW-Baueinheit war der Kreisbeauftragte des THW für den Hohenlohekreis, Herr Cramer.
Bereits 1973 wurde mit dem Bau der betonierten Endauflager, der Pfahlgründungen und dem Herrichten der An- und Abfahrten an den Baustellen begonnen, um die Übergänge somit auch bei Hochwasser und Überschwemmungen für den Versorgungsverkehr passierbar zu einer Baustelle zur anderen, wenn der Zeitplan eingehalten werden soll.
Anfang November 1974 fanden die letzte Wochenendschulung für den Einsatz im Raum Öhringen – Hohenlohekreis bei Oberohrn statt, bei der die 30 Helfer in erster Linie den Auf- und Abbau der Küchen-Mehrzweckzelte SG 40, das Einrichten der Zelte mit Unterkunftsgeräten, das Aufstellen und die Inbetriebnahme des Feldkochkastenherdes M 37 sowie der Trinkwasser-Aufbereitungsanlage Aqua-Server 2000 I/h geübt wurde.
Auch das Installieren der Zelt- und Lagerbeleuchtung , betrieben durch den mitzuführenden Notstromerzeuger, das Einrichten der Latrinen-, Wasch- und Duschanlage, die nach eigenem Entwurf angefertigt wurden, mussten erprobt werden.
Eine weitere wichtige Aufgabe bestand in der Ermittlung des Gewichtes und des Volumen der gesamten Lager- und Arbeitsausstattung für den Land- und Lufttransport. Zeitgleich wurde per Schiff das Bailey- Brückengerät nach Afrika transportiert und auf dem Landmarsch an die Baustellen in Ruanda weitergeleitet.
Für die Helfer des Landesverbandes war der Umgang mit dem Brückengerät kein technisches Neuland. Sie bestanden ihre Bewährungsprobe bereits im Jahre 1970, als Helfer auch dieses Landesverbandes im Rahmen der humanitären Hilfe für Tunesien an der Montage von sechs Bailey-Brücken beteiligt waren. Außerdem hatten die aus den Ortsverbänden Öhringen und Schwäbisch Hall stammenden Helfer des Öfteren die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten beim Bau solcher Brücken für die Gemeinden oder die Straßenbauverwaltung in Baden-Württemberg unter Beweis zu stellen.
Die verschiedenen Baumaßnahmen in Ruanda wurden dann auch ohne Schwierigkeiten abgeschlossen. Die Brücke über den Kirara wurde überwiegend von ruandischen Hilfskräften unter Anleitung der vom THW ausgebildeten ruandischen Führungsmannschaft errichtet. Die für den Einsatz vorgesehenen Bauzeiten von 4 Wochen wurden von den THW-Helfern eingehalten.
Im Verlauf des einmonatigen Einsatzes konnten wertvolle Erfahrungen über die Zweckmäßigkeit der Ausrüstung, die Versorgungsprobleme und die medizinische Betreuung gesammelt werden.
Die Zelte, die Feldbetten, die Schlafsäcke und auch die Bekleidung entsprachen den Anforderungen. Die Kücheneinrichtung hat sich bewährt, die Verpflegung stellte alle zufrieden. Wesentlich war, daß ein gelernter Koch die Küche führte und eine fettarme Kost zubereitete.
Die Stromversorgung durch einen 8-kVA-Generator mit Dieselaggregat und dazugehöriger Beleuchtungseinrichtung gestaltete sich optimal. Dagegen bewährte sich die Trinkwasser-Aufbereitungsanlage (Berkefeld) in der für den Einsatz bestimmten Ausführung nicht. In der Höhenlage von 1700 Metern zeigte es sich, daß die Zweitakt-Antriebsmotoren der Pumpen zu schwach ausgelegt waren, auch die Startereinrichtung funktionierte nicht immer einwandfrei. Außerdem führte der Schluffsand im Wasser durch seine ständige Schleifwirkung zu häufigen Lagerschäden an den Pumpen. Der filtertechnische Teil der Anlage arbeitete dagegen fehlerfrei.
Die ärztliche Versorgung der Helfer war in vollem Umfang gesichert, da ein THW-Arzt im Lager zur Verfügung stand und in der Nähe der Einsatzorte sich mehrere Krankenhäuser befanden. Die Arzneiversorgung war gut vorbereitet, nach Kenntnis der ruandischen Verhältnisse sogar etwas zu umfangreich.
Die Zusammenarbeit der THW-Gruppe mit den deutschen Entwicklungs-Beratern der GTZ bei der Firma Ponts et Chaussees gestaltete sich gut. Das einwandfreie Verhalten der Helfer und ihr persönlicher Einsatz sind besonders hervorzuheben. Insgesamt ist man zu der Auffassung gelangt, daß sich das THW für die Durchführung ähnlicher Einsätze ausgezeichnet eignet.
Es bleibt zu erwähnen, daß das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit die Kosten des Einsatzes trug.
Quellen: THW historische Sammlung
ZS-Magazin Heft 1/75 und 9/1975.
Bilder THWhS-Archiv und THW OV Pfedelbach – Christian Kuhn